Bodrum, eines der wichtigsten Touristenzentren der Türkei, leidet unter akutem Wassermangel. Aufgrund der unzureichenden Wasserstände in den Stauseen, die die Halbinsel versorgen, wird die Meerwasserentsalzung als mögliche Lösung diskutiert. Experten warnen jedoch vor den hohen Kosten und den langfristigen Auswirkungen auf die Grundwasserreserven.
Der Mumcular-Stausee, einer der wichtigsten Wasserversorger Bodrums, weist derzeit einen kritischen Wasserstand von nur noch 15 Prozent auf. Auch am Geyik-Stausee hat sich die Situation verschlechtert: Nach dem neuntägigen Opferfest lag der Wasserstand bei 45 Prozent, innerhalb eines Monats sank er auf 36 Prozent.
Die Muğla Wasser- und Abwasserbehörde (MUSKİ) plant nun, in Turgutreis sechs neue Brunnen zu bohren und das gewonnene Wasser aufzubereiten, um es nach Bodrum zu leiten. In Turgutreis soll eine Entsalzungsanlage gebaut werden, die in der ersten Phase 10.000 und in der zweiten Phase 20.000 Kubikmeter Salzwasser pro Tag aufbereiten kann. Damit sollen rund 100.000 Menschen zusätzlich mit Wasser versorgt werden.
“Das Grundwasser könnte komplett versalzen”
Doç. Dr. Ceyhun Özçelik, Leiter der Abteilung für Wasserressourcen am Institut für Bauingenieurwesen der Muğla Sıtkı Koçman Universität, äußerte sich besorgt über die Meerwasserentsalzung. “Je größer das Problem der Trinkwasserversorgung wird, desto komplexer werden die Lösungsvorschläge”, sagte er.
Özçelik warnte vor allem vor der Gefahr der Versalzung des Grundwassers: “Wenn zu viel Wasser aus den Brunnen entnommen wird, führt das nicht nur zur Versalzung des Grundwassers, sondern auch zu einem deutlichen Absinken des Grundwasserspiegels.” Der Wasserspiegel sei bereits von 5 bis 10 Meter auf 30 bis 40 Meter gesunken, was die Wassergewinnung zusätzlich erschwere.
Kosten und Umweltbelastung
Neben den ökologischen Risiken wies Özçelik auch auf die hohen Kosten und Umweltbelastungen der Meerwasserentsalzung hin. “Diese Systeme sind im Vergleich zu herkömmlichen Wassergewinnungssystemen sehr teuer”, erklärte er. “Um das Wasser durch die Membranen zu pressen und das Salz zu entfernen, wird viel Energie benötigt, was sich in hohen Wasserrechnungen niederschlägt.”
Außerdem würden bei der Entsalzung große Mengen an Salzabfällen anfallen. “Die Entsorgung dieser Salzabfälle würde entweder zu einem intensiven LKW-Verkehr auf dem Land oder zu einer erheblichen Verschmutzung des Meeres führen”, so Özçelik weiter.
Eine Lösung, bei der Meerwasser über Grundwasserbrunnen entnommen wird, könnte zwar die Kosten senken, würde aber zu irreversiblen Umweltbelastungen führen. “Das mag in Extremsituationen wie im Gazastreifen notwendig sein, ist aber für Bodrum keine geeignete Lösung”, fügte er hinzu.
Probleme mit Versorgungsleitungen
Özçelik wies auch auf Probleme in den Wasserleitungen hin. “Trotz der zusätzlichen Wasserversorgung aus dem Akgedik-Stausee in Milas sind die Leitungen in einem schlechten Zustand, was zu zahlreichen Rohrbrüchen führt”, erklärte er. Diese Brüche verursachen nicht nur Schäden an der Infrastruktur, sondern erschweren auch die zuverlässige Wasserversorgung der Stadt.
Bodrum steht vor einer komplexen Herausforderung: Die dringende Notwendigkeit einer stabilen Wasserversorgung muss gegen die ökologischen und ökonomischen Folgen der vorgeschlagenen Lösungen abgewogen werden. Die Diskussion um Meerwasserentsalzung verdeutlicht die Dringlichkeit, nachhaltige und praktikable Lösungen für die Wasserknappheit zu finden.