Türkisch-amerikanischer Ökonom Daron Acemoğlu erhält Nobelpreis für Wirtschaft 2024

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16.10.2024 – 14:00 Uhr

Daron Acemoğlu, ein renommierter türkisch-amerikanischer Ökonom, wurde gemeinsam mit Simon Johnson und James Robinson mit dem Nobelpreis für Wirtschaftswissenschaften 2024 ausgezeichnet. Die Forschungen der Preisträger konzentrierten sich auf die Frage, warum wirtschaftliche Ungleichheiten weltweit so stark ausgeprägt sind und wie politische Institutionen diesen Unterschied beeinflussen.

Die Königliche Schwedische Akademie der Wissenschaften würdigte die bahnbrechenden Erkenntnisse der drei Ökonomen über die Rolle von Institutionen bei der wirtschaftlichen Entwicklung. Besonders hervorgehoben wurde ihre Analyse der historischen Wurzeln, die die heutige schwache institutionelle Infrastruktur in vielen einkommensschwachen Ländern erklären. Dieser institutionelle Rahmen, so die Forscher, sei einer der Hauptgründe für die anhaltende wirtschaftliche Ungleichheit weltweit.

Kolonialismus als Schlüsselfaktor für Ungleichheit

Acemoğlu und seine Kollegen untersuchten insbesondere die Auswirkungen des europäischen Kolonialismus auf die wirtschaftliche Entwicklung. Sie fanden heraus, dass der Fokus der Kolonialmächte entweder auf der Ausbeutung von Ressourcen oder auf der Schaffung langfristiger institutioneller Strukturen lag. Diese Unterschiede führten zu einem „Wohlstandsreversal“: Ehemals reiche Kolonien wurden oft arm, während in anderen Ländern, in denen stabilere Institutionen geschaffen wurden, nachhaltiger Wohlstand möglich wurde.

Eine weitere wichtige Erkenntnis der Preisträger war die Verbindung zwischen der Gefährlichkeit der Kolonisierung und der heutigen wirtschaftlichen Lage. Je höher die Sterblichkeitsrate unter den Kolonialherren, desto schlechter sind die heutigen wirtschaftlichen Bedingungen in diesen Gebieten.

Institutionen und ihre Rolle in der Demokratie

Neben den historischen Zusammenhängen betonten die Forscher die Bedeutung stabiler Institutionen für die Förderung von Demokratie und wirtschaftlicher Entwicklung. Acemoğlu warnte kürzlich, dass autoritäre Regierungen weltweit die demokratischen Institutionen untergraben. Solche autoritären Systeme könnten zwar kurzfristiges Wachstum ermöglichen, führten aber in der Regel nicht zu stabilen und innovativen Volkswirtschaften.

Simon Johnson äußerte sich ebenfalls besorgt über den Zustand demokratischer Institutionen in den USA, insbesondere in Hinblick auf die Weigerung des ehemaligen Präsidenten Donald Trump, das Wahlergebnis von 2020 anzuerkennen. Johnson betonte, dass die bevorstehenden Wahlen eine entscheidende Belastungsprobe für die amerikanische Demokratie darstellen könnten.

Herausforderungen für die globale Armutsbekämpfung

Die Vergabe des Nobelpreises fand einen Tag nach der Veröffentlichung eines Berichts der Weltbank statt, der auf die steigende Verschuldung der ärmsten Länder der Welt hinwies. Dieser Rückschritt in der Armutsbekämpfung unterstreicht die Relevanz der Arbeiten der Preisträger, die aufzeigen, wie institutionelle Schwächen die wirtschaftliche Entwicklung vieler Länder bremsen.

Acemoğlu spielte auch eine wichtige Rolle in der wirtschaftspolitischen Debatte der Türkei. Im Vorfeld der Wahlen 2023 beriet er die Opposition bei der Entwicklung eines wirtschaftlichen Erneuerungsplans, der auf langfristige institutionelle Reformen abzielt. Mit dieser Arbeit leistet Acemoğlu nicht nur auf globaler Ebene einen wichtigen Beitrag zur Forschung, sondern auch in seiner Heimat Türkei. Die Auszeichnung wird offiziell als “Sveriges Riksbank Preis für Wirtschaftswissenschaften in Gedenken an Alfred Nobel” bezeichnet und ist mit 11 Millionen schwedischen Kronen dotiert. Sie gehört nicht zu den ursprünglich von Nobel festgelegten Kategorien, sondern wurde 1968 von der schwedischen Zentralbank ins Leben gerufen.

Diese Auszeichnung bestätigt erneut die Bedeutung von Institutionen für den wirtschaftlichen Erfolg und die Stabilität von Nationen, ein Thema, das in der heutigen globalen politischen Landschaft aktueller denn je ist.