In Italien spitzt sich der Konflikt um die Nutzung öffentlicher Strände zu. Während die Strandbesucher ihr Recht auf freien Zugang zu den Küsten verteidigen, wehren sich die Betreiber privatisierter Strandabschnitte mit einem “Sonnenschirmstreik”. Dieser Protest gegen die Umsetzung europäischer Richtlinien könnte weitreichende Folgen für die Zukunft der italienischen Küsten haben.
Italien hat eine 8.000 Kilometer lange Küste, von der rund 3.325 Kilometer privatisiert sind. Diese Küstenabschnitte werden von den Gemeinden an Unternehmen und Privatpersonen verpachtet, die dort Strandeinrichtungen betreiben. Die Betreiber verlangen hohe Gebühren für den Zugang zu den Stränden sowie für die Nutzung von Liegestühlen, Sonnenschirmen und anderen Annehmlichkeiten. Vor allem in beliebten Regionen wie der Toskana kann der Strandbesuch für Familien leicht mehr als 100 Euro pro Tag kosten.
Europäische Union drängt auf Änderung
Die Europäische Union hat Italien wiederholt aufgefordert, die Privatisierung von Stränden einzuschränken und den freien Zugang für die Öffentlichkeit zu gewährleisten. Die so genannte “Bolkestein-Richtlinie”, die seit 2006 in Kraft ist, schreibt vor, dass Strände in Europa für alle zugänglich sein müssen. Doch Italien hat bisher keine wirksamen Maßnahmen ergriffen, um diese Richtlinie umzusetzen.
Angesichts des Drucks aus Brüssel drohen Italien Strafzahlungen in Millionenhöhe, sollte die bisherige Praxis fortgesetzt werden. Andere Länder wie Spanien und Griechenland haben bereits auf ähnliche EU-Vorgaben reagiert und entsprechende Gesetze erlassen, die die Vermietung öffentlicher Küstenabschnitte verbieten.
“Sonnenschirmstreik” als Gegenmaßnahme
Als Reaktion auf die möglichen neuen Regelungen haben italienische Strandbetreiber den „Sonnenschirmstreik“ ins Leben gerufen. Am 19. und 29. August 2023 wollen sie ihre Einrichtungen für mehrere Stunden schließen, um gegen die geplante Umsetzung der EU-Richtlinie zu protestieren. Bereits im Vorfeld wurden am 7. August zahlreiche Strandeinrichtungen in den frühen Morgenstunden geschlossen, um auf ihre Forderungen aufmerksam zu machen.
Die Betreiber argumentieren, dass sie für die Pacht der Strandabschnitte hohe Summen an die Kommunen zahlen und daher das Recht hätten, dort kommerzielle Aktivitäten zu betreiben. Laut einer Studie des Europäischen Zahlungsverkehrsausschusses (EPC) erzielen die Betreiber trotz einer jährlichen Pacht von durchschnittlich 8.200 Euro einen Gewinn von bis zu 260.000 Euro pro Jahr. Die Einnahmen stammen vor allem aus den hohen Gebühren für den Strandzugang und die Nutzung der Strandeinrichtungen.
Kritik und Ausblick
Der Sonnenschirmstreik stößt auf heftige Kritik. Einige Medien bezeichnen die Betreiber als “Strandmafia” und “Besetzer”, die mit der Blockade des öffentlichen Zugangs ihre eigenen Interessen durchsetzen wollen. Auch in der Bevölkerung wächst der Unmut über die hohen Kosten für einen Strandbesuch.
Der Konflikt um die Nutzung der Strände spiegelt ein tiefer liegendes Problem wider: das Spannungsfeld zwischen öffentlichem Recht und kommerziellen Interessen. Es bleibt abzuwarten, ob Italien dem Druck der EU nachgeben wird oder ob sich die Strandbetreiber durchsetzen können. Klar ist jedoch, dass der Ausgang dieses Konflikts nicht nur für Italien, sondern für die gesamte EU von Bedeutung sein wird.