Ein Team deutscher Wissenschaftler hat eine massive geologische Verwerfung entdeckt, die sich über eine Länge von 1.500 Kilometern von Südostanatolien bis in den Nordwesten des Iran erstreckt. Die Entdeckung erfolgte während einer Studie über die Auswirkungen der Zagros-Berge auf die Erdoberfläche in den letzten 20 Millionen Jahren.
Laut den Forschern entstand die Verwerfung durch das Absinken eines Überrests der Tethys-Ozeanplatte, was zu erheblichen Einsenkungen in der Erdkruste führte. Professor Renas Koshnaw von der Universität Göttingen, der die Studie leitete, erklärte:
“Diese Platte zieht die Region weiterhin nach unten. Die Bewegung wird flacher, je näher sie der Türkei kommt. Die Bruchlinie breitet sich von der Türkei bis in den Irak aus – wie eine Seite, die aus einem Kalender gerissen wird.”
Seismische Bedrohung durch die Bitlis-Zagros-Verwerfungszone
Der türkische Geologe Naci Görür, der bereits in der Vergangenheit vor seismischen Risiken in der Region gewarnt hatte, erläuterte die Bedeutung dieser Verwerfung. Sie befindet sich im Bitlis-Zagros-Störungsgürtel, der sich von Adıyaman über Hakkari bis in die Hochgebirgsregionen wie die Cilo-Berge erstreckt.
Dieser Gürtel markiert die Grenze zwischen der Arabischen Platte und der komplexen tektonischen Struktur Ostanatoliens. Im Süden der Verwerfung liegen Provinzen wie Diyarbakır, Bitlis, Şanlıurfa und Mardin, die als potenzielle Erdbebengebiete gelten.
Laut Görür hat sich in der Region erhebliche seismische Energie angestaut. Besonders alarmierend sei die Tatsache, dass der Stress von der Ostanatolischen Verwerfung auf diesen Gürtel übertragen wird, was die Gefahr von Erdbeben erhöht.
Steigende Spannungen nach dem Erdbeben vom 6. Februar 2023
Görür betonte, dass die Erdbeben vom 6. Februar 2023, die Teile der Südosttürkei verwüsteten, die Arabische Platte um zehn Meter nach Norden verschoben haben. Dies hat den Druck auf die östliche Türkei weiter verstärkt. “Diese Bewegung hat die Region noch weiter komprimiert und den Spannungsaufbau erhöht. Die Möglichkeit stärkerer Erdbeben in der Zukunft kann nicht ausgeschlossen werden,” warnte Görür.