Izmir steht vor einer großen Bedrohung: Der Boden der Stadt senkt sich jedes Jahr um 1,5 Zentimeter. Prof. Dr. Doğan Yaşar, Mitglied der Arbeitsgruppe Umwelt, Biodiversität und Klimawandel der Türkischen Akademie der Wissenschaften (TÜBA), warnt: “Das größte Problem von Izmir ist nicht der Verkehr, der Gestank des Golfs oder die Umweltverschmutzung. Langfristig gibt es nur ein Problem: das Absinken. Wenn nichts unternommen wird, könnte das Meerwasser in 50 bis 60 Jahren bis nach Basmane vordringen.”
Jährlich sinkt der Boden in Izmir um 1 bis 1,5 Zentimeter, was den Anstieg des Meeresspiegels überdurchschnittlich beschleunigt. Dadurch drohen in den kommenden Jahren Überschwemmungen an der Küste, insbesondere am Alsancak Kordon. “Der Meeresspiegel steigt weltweit um etwa 2,5 bis 3 Millimeter pro Jahr. In İzmir sind es 1,5 Zentimeter, weil der Boden der Stadt absinkt. Von Basmane bis Alsancak handelt es sich um aufgeschüttetes Land. Diese Flächen sinken langsam, weil sie zusätzlich das Gewicht der Gebäude tragen”, erklärt Prof. Dr. Yaşar.
Dringender Handlungsbedarf
Mit Blick auf die starken Regenfälle vom November 2023, bei denen das Wasser in Alsancak etwa 300 bis 400 Meter ins Landesinnere eindrang, sagte Prof. Dr. Yaşar: “Das war eine Warnung. Beim nächsten Mal wird noch mehr Wasser eindringen. Vor einigen tausend Jahren haben wir in Basmane Muschelschalen gefunden. Dort war einmal das Meer. Egal wie viel Land aufgeschüttet wird, wenn nichts geschieht, holt sich das Meer den Platz zurück. Für neue Bauten muss das Gelände angehoben werden. Als die Promenade 1873 gebaut wurde, stand im Ausschreibungstext, dass sie mindestens 1,5 Meter über dem höchsten Hochwasser gebaut werden muss.”
Prof. Dr. Yaşar vergleicht die Situation mit Städten wie Jakarta und Mexiko-Stadt, wo das Absinken noch schneller voranschreitet: “Dort sinkt der Boden jährlich um 10 bis 15 Zentimeter. Man hat sich entschlossen, die betroffenen Gebiete zu evakuieren, weil man gegen die Geschwindigkeit der Natur nicht ankommt.”
Der Geruch an der Promenade
Prof. Dr. Yaşar betont, dass das Absinken das größte Problem für İzmir ist: “Der größte Feind der Stadt ist nicht der Verkehr, der Geruch des Golfs oder die Umweltverschmutzung, sondern das Absinken. Wenn nichts unternommen wird, könnte das Meerwasser in 50 bis 60 Jahren bis nach Basmane vordringen. Gegenwärtig gibt es in Alsancak Probleme mit Kanalgeruch, weil die Kanäle langsam unter den Meeresspiegel sinken. Deshalb riecht es entlang der Promenade unangenehm. Es ist notwendig, dass die Stadtverwaltung zusammen mit Geowissenschaftlern detaillierte Studien über das Absinken durchführt. 50 Jahre mögen lang erscheinen, aber sie vergehen schnell und dann werden wir überrascht.”
Sollte die Stadt um weitere 50 Zentimeter absinken, würden keine Maßnahmen mehr helfen, warnt Prof. Dr. Yaşar: “Barrieren zu errichten ist keine Lösung. Eine Mauer zu bauen bringt nichts. Das Gelände muss angehoben werden, das ist teuer, aber eine Frage der Prioritäten. Ansonsten bleibt nur die langsame Evakuierung der betroffenen Gebiete.”