Heilbronn: Warum eine Döner-Obergrenze kaum umsetzbar ist

07.11.2024 – 14:00 Uhr

In der Stadt Heilbronn wird derzeit kontrovers über eine Obergrenze für Dönerläden in der Innenstadt diskutiert. Angetrieben von einer Bürgerinitiative, die in der Innenstadt zu viele Dönerläden, Nagelstudios und Friseursalons sieht, wird diese Forderung auch von der örtlichen CDU unterstützt. Umstritten ist allerdings, ob eine solche Obergrenze rechtlich überhaupt möglich ist.

Ein Gutachten der Unternehmensberatung PwC, das die rechtliche Machbarkeit einer Döner-Obergrenze prüfen soll, wurde von der Bürgerinitiative bislang nicht veröffentlicht. Bereits im Vorfeld der Kommunalwahl im Juni 2024 hatte die CDU die Forderung in die politische Diskussion eingebracht. Im SPD-geführten Rathaus werden jedoch erhebliche Zweifel an der rechtlichen Umsetzbarkeit geäußert.

Gewerbefreiheit und gesetzliche Hürden

Das deutsche Gewerberecht, das auf die Gewerbeordnung von 1869 zurückgeht, folgt bis heute dem Grundsatz der Gewerbefreiheit. Dieser Grundsatz, der im Grundgesetz als Berufsfreiheit (Art. 12 GG) verankert ist, lässt Beschränkungen nur zu, wenn sie einem verfassungsrechtlich legitimen Zweck dienen und verhältnismäßig sind. Beschränkungen kennt das Gewerberecht vor allem in Form von Konzessionen, die für bestimmte Gewerbearten, z. B. Gaststätten, erforderlich sind. Obergrenzen für einzelne Betriebsarten gibt es hingegen nicht.

Städtebaurecht und Bebauungspläne

Das Bauplanungsrecht gibt den Kommunen grundsätzlich die Möglichkeit, die Nutzung von Flächen zu regeln, nicht aber pauschale Obergrenzen für bestimmte Gewerbearten wie z.B. Dönerläden festzulegen. Ein Bebauungsplan kann zwar bestimmte gewerbliche Nutzungen in einem Gebiet ausschließen oder einschränken, aber nicht in einer Weise, die eine zahlenmäßige Beschränkung auf bestimmte Gewerbearten ermöglicht. Auch eine vertikale Differenzierung – z.B. dass bestimmte Gewerbe nur in bestimmten Geschossen zulässig sind – wäre theoretisch möglich. Eine gezielte Beschränkung auf Döner-Imbisse oder eine feste Anzahl ist jedoch rechtlich nicht umsetzbar.

“Briefmarkenplanung” und Abwägungsgebot

Eine „Briefmarkenplanung“, bei der kleinräumige Festsetzungen getroffen werden, die faktisch auf eine Begrenzung von Imbissbetrieben hinauslaufen, ist planungsrechtlich problematisch. Eine solche Festsetzung müsste zudem dem Abwägungsgebot genügen. Dabei sind die öffentlichen und privaten Belange sorgfältig gegeneinander abzuwägen. Eine Obergrenze für Dönerbuden könnte kaum als gewichtiger städtebaulicher Belang angesehen werden, der einen Eingriff in die Gewerbefreiheit rechtfertigen würde.

Wettbewerbsneutralität und Konkurrentenschutz

Ein weiterer Aspekt sind wettbewerbsrechtliche Fragen: Einige Heilbronner Dönerbudenbetreiber haben bereits positiv auf die Idee einer Obergrenze reagiert, da sie sich eine Einschränkung der Konkurrenz erhoffen. Das Bauplanungsrecht soll sich aber gegenüber Wettbewerbsinteressen neutral verhalten und keine Marktvorteile schaffen. Konkurrenzschutz ist kein zulässiges städtebauliches Argument für Beschränkungen.

Sanierungsgebiete als Instrument – aber nicht als Lösung

Auch Instrumente des besonderen Städtebaurechts, wie die Ausweisung eines Sanierungsgebiets, bieten keinen Ausweg. Zwar könnte ein Sanierungsgebiet dazu dienen, weitere unerwünschte Betriebe wie Dönerläden oder Shisha-Bars in einem Gebiet zu verhindern. Eine generelle Obergrenze für solche Betriebe ließe sich aber auch in einem Sanierungsgebiet rechtlich nicht verankern. Die Anforderungen an die Ausweisung eines Sanierungsgebietes sind sehr hoch und verlangen, dass das Gebiet seine städtebauliche Funktion nicht mehr erfüllt. Ein solches Kriterium allein aufgrund des Vorhandenseins von Dönerläden zu erfüllen, ist rechtlich kaum haltbar.

Döner-Obergrenze bleibt Wunschdenken

Die Diskussion um eine Döner-Obergrenze in Heilbronn mag politisch aufgeladen sein, die rechtlichen Grundlagen für eine solche Maßnahme sind jedoch äußerst dünn. Weder das Gewerberecht noch das Bauplanungsrecht lassen eine pauschale Obergrenze zu. Die Debatte zeigt aber einen größeren Kulturkampf um die Gestaltung deutscher Innenstädte – nur stehen die Chancen schlecht, dass dieser über die Beschränkung bestimmter Gewerbearten entschieden wird.

Quelle: LTO