Durch Klimawandel und Wasserknappheit verursachte Bodenabsenkungen stellen eine wachsende Gefahr für die Landwirtschaft in der Region Karapinar dar. Die Bauern kämpfen mit den Folgen – und mit der Angst.
Die Landschaft rund um die türkische Stadt Karapinar, südlich von Ankara, wirkt auf den ersten Blick unspektakulär: Weite, karge Flächen, dominiert von Brauntönen. Im Sommer blüht das Land, wenn hier Sonnenblumen, Kartoffeln, Mais und Klee gedeihen, bewässert durch kilometerlange Kunststoffschläuche. Doch unter der Oberfläche lauert eine unsichtbare Gefahr, die Bauern wie Adem Ekmekçi an ihre Grenzen bringt.
„Früher konnte ich gut von meinem Hof leben“, sagt der Bauer und zeigt auf ein zehn Meter breites Loch, das mitten auf seinem Feld klafft. Der Abgrund reicht bis zu 65 Meter in die Tiefe. Solche Erdlöcher, so genannte Dolinen, entstehen in der Region nicht erst seit gestern. Über Jahrhunderte hat das Grundwasser den kalkhaltigen Boden ausgewaschen. Wenn in Trockenperioden das Wasser zurückgeht, entstehen Hohlräume und der Boden bricht ein.
Doch in den letzten Jahren hat sich das Phänomen dramatisch verschärft. Adem Ekmekçi berichtet, dass allein auf seinen Feldern und denen seiner Nachbarn in den letzten zehn Jahren zwölf solcher Löcher entstanden sind. „Es ist unbequem geworden, hier zu arbeiten“, sagt er. „Man weiß nie, ob der Boden unter den Füßen stabil ist.“
Der Einfluss des Klimawandels
Verschärft wird die Situation durch den steigenden Wasserverbrauch in der Landwirtschaft und weniger Regenfälle infolge des Klimawandels. Um ihre Felder zu bewässern, greifen viele Bauern vermehrt auf Grundwasser zurück. Doch der sinkende Grundwasserspiegel führt dazu, dass sich der Boden immer häufiger und schneller absenkt.
Fetullah Arık, Geologe und Professor an der Technischen Universität Konya, schlägt Alarm: „Vor dem Jahr 2000 brach die Erde vielleicht alle paar Jahre ein. Heute gibt es in der Region mehr als 20 neue Löcher pro Jahr.“ Neben der Trockenheit nennt er auch illegale Grundwasserentnahmen als Problem.
Teufelskreis
Die Erdlöcher haben nicht nur Auswirkungen auf die Ernte, sondern auch auf das soziale Gefüge. Viele Erntehelfer weigern sich, in der Region zu arbeiten – aus Angst vor den gefährlichen Einbrüchen. Selbst für Adem Ekmekçi, der sein Leben der Landwirtschaft gewidmet hat, ist die Belastung groß: „Ich habe die Liebe zu meinem Land verloren“, sagt er enttäuscht.
Die türkische Regierung versucht gegenzusteuern, indem sie illegale Brunnen schließt und den Anbau wasserintensiver Pflanzen einschränkt. Doch Arık zufolge reichen diese Maßnahmen nicht aus. „Nur eine rasche Reduktion der globalen Treibhausgasemissionen kann die Situation langfristig verbessern“.
Bleiben trotz Gefahr
Trotz der schwierigen Situation will Adem Ekmekçi seine Heimat nicht verlassen. „Hier haben wir immer gelebt und gearbeitet. Wir können nirgendwo anders hin.“ Doch die Zukunft der Region ist ungewiss. Solange der Klimawandel voranschreitet und die Wasserknappheit zunimmt, drohen die Erdlöcher zu einem immer größeren Problem zu werden – für die Menschen und die Landwirtschaft.