Dramatische Umweltkrise in Izmir: Tote Fische und ein schwarzes Meer

28.08.2024 – 10:00 Uhr

Izmir erlebt derzeit eine schwere Umweltkrise. Bei Temperaturen von bis zu 36 Grad hat sich in weiten Teilen der Stadt ein unerträglicher Gestank nach toten Fischen und Abwässern ausgebreitet. Besonders betroffen sind die Stadtteile Bayraklı und Karşıyaka. Auch das Meer hat sich unheilvoll schwarz verfärbt. Die Lage ist so ernst, dass das Forschungsschiff der TÜBİTAK im Golf von Izmir im Einsatz ist und das Ministerium für Umwelt, Stadtplanung und Klimawandel Untersuchungen eingeleitet hat.

Ministerium: “Umweltverschmutzung als Ursache”

An der Küste von Bayraklı wurden Hunderte von toten Fischen an Land gespült, vor allem Doraden und Barsche. Der üble Geruch verbreitete sich bis in viele andere Teile der Stadt, einschließlich des berühmten Kordon-Boulevards und der Küste von Göztepe. Eine starke Zunahme der Fliegen verschärft die Situation zusätzlich. Die Stadtverwaltung von Izmir hat Umweltschutzteams mobilisiert, um die toten Fische zu beseitigen. Doch das Problem geht tiefer. Laut einer Mitteilung der Stadtverwaltung reinigt der städtische Wasserversorger İZSU die Sedimente an der Mündung des Bornova-Baches ins Meer. Zusätzlich wird Wasser aus dem Meer gepumpt, gefiltert und wieder eingeleitet, um den Sauerstoffgehalt zu erhöhen. Erste Untersuchungen des Umweltministeriums haben ergeben, dass das Fischsterben auf Sauerstoffmangel aufgrund der extremen Verschmutzung zurückzuführen ist. Weitere Untersuchungen laufen, bei denen auch die Zuflüsse und Abwassereinleitungen in den Golf von Izmir überprüft werden.

Zunehmende Belastung des Golfs

Prof. Dr. Mustafa Sarı, ein renommierter Experte für maritime Umweltforschung, der bereits mehrfach zur Krise im Marmarameer geforscht hat, warnt vor der alarmierenden Situation. “Der Golf von Izmir, vor allem die inneren Bereiche, sind stark verschmutzt. Der Stickstoff- und Phosphorgehalt ist extrem hoch. In den flachen Küstenbereichen des Golfs beobachten wir seit Jahren eine Eutrophierung, vor allem im Frühjahr. Obwohl in der Vergangenheit Maßnahmen zur Reduzierung der Verschmutzung ergriffen wurden, scheinen diese nicht mehr auszureichen. Die Belastung des Golfs nimmt täglich zu.”

Keine Schuldzuweisung an den Klimawandel

Der Bürgermeister von Izmir, Cemil Tugay, erklärte auf einer Pressekonferenz, dass die Verfärbung des Wassers und das Fischsterben wahrscheinlich auf eine Zunahme von Plankton zurückzuführen sei. Er vermutet, dass diese Algenart durch Schiffe eingeschleppt wurde und sich durch den Klimawandel im Golf ausbreitet. Prof. Dr. Sarı kritisierte jedoch die alleinige Schuldzuweisung an den Klimawandel: “Der Klimawandel beeinflusst zwar die Erwärmung des Meeres und damit auch das Algenwachstum, aber das Hauptproblem ist die massive Verschmutzung des Golfs. Es ist falsch, die Verantwortung allein auf den Klimawandel zu schieben.”

Dringender Handlungsbedarf

Um ähnliche Katastrophen in Zukunft zu verhindern, betont Prof. Dr. Sarı die Notwendigkeit, den Golf vor weiterer Verschmutzung zu schützen. Einen konkreten Notfallplan gebe es derzeit jedoch nicht. Sarı verweist auf die Krise 2020 im Marmarameer, in deren Folge ein 22-Punkte-Plan erstellt wurde. Er fordert ein ähnliches Vorgehen für den Golf von Izmir, bevor die Situation weiter eskaliert.

Herausforderungen und Visionen

Bürgermeister Tugay räumte ein, dass er das Versprechen seines Vorgängers, den Golf wieder zum Baden freizugeben, nicht einhalten könne. Stattdessen strebe er eine Verbesserung der Wasserqualität an. Er rief dazu auf, gemeinsam mit den zuständigen Ministerien wirksame Maßnahmen zu ergreifen. “Für die Meere und Binnengewässer sind verschiedene Ministerien zuständig. Ohne Zusammenarbeit wird es schwierig sein, nachhaltige Lösungen zu finden. Ich bin bereit, die Hand auszustrecken – ich hoffe, sie wird ergriffen.”, so Tugay abschließend.