Ab heute tritt in Deutschland das lang erwartete Gesetz zur Modernisierung des Staatsangehörigkeitsrechts in Kraft, das türkischen Einwanderern die doppelte Staatsbürgerschaft ermöglicht. Mit dieser Gesetzesänderung können in Deutschland lebende Türken die deutsche Staatsbürgerschaft annehmen, ohne ihre türkische Staatsbürgerschaft aufgeben zu müssen.
Wichtige Änderungen und Erleichterungen
Die neue Regelung verkürzt die für die Einbürgerung erforderliche Aufenthaltsdauer von acht auf fünf Jahre. Für besonders gut integrierte Personen, die beispielsweise beruflich oder schulisch erfolgreich sind, sich ehrenamtlich engagieren oder sich besonders um das Erlernen der deutschen Sprache bemühen, kann diese Frist sogar auf drei Jahre verkürzt werden.
Auch in Deutschland geborene Kinder können davon profitieren: Wenn mindestens ein Elternteil seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Land lebt, erhalten sie automatisch die deutsche Staatsangehörigkeit. Außerdem entfällt das bisherige Optionsmodell, nach dem sich Jugendliche bis zum 23. Lebensjahr zwischen der deutschen und der Staatsangehörigkeit ihrer Eltern entscheiden mussten.
Kriterien für die Einbürgerung
Nicht jeder, der die formellen Voraussetzungen erfüllt, wird auch eingebürgert. Wer antisemitische, rassistische oder fremdenfeindliche Einstellungen vertritt oder die Gleichberechtigung von Mann und Frau ablehnt, ist von der Einbürgerung ausgeschlossen. Einbürgerungswillige müssen sich zu den Werten der freiheitlichen demokratischen Grundordnung bekennen und die historische Verantwortung Deutschlands für die Verbrechen des Nationalsozialismus anerkennen.
Das Bundesinnenministerium betont, wie wichtig es sei, dass künftige Staatsbürger die Werte einer freiheitlichen Gesellschaft teilen. “Wer diese Werte nicht teilt oder ihnen sogar widerspricht, wird nicht eingebürgert”, heißt es in einer Stellungnahme des Ministeriums.
Erleichterungen für die Gastarbeitergeneration
Für die sogenannten Gastarbeiter, die bis zum 30. Juni 1974 in die Bundesrepublik Deutschland bzw. bis zum 13. Juni 1990 in die ehemalige DDR eingereist sind, entfällt die schriftliche Einbürgerungsprüfung. Dies gilt insbesondere für türkische Staatsangehörige, die in diesen Zeiträumen als Vertragsarbeiter nach Deutschland gekommen sind.
Digitalisierung und Effizienzsteigerung bei Einbürgerungsverfahren
Die Zuständigkeit für Einbürgerungen geht ab dem 1. Januar 2024 von den Kommunen auf das Landesamt für Einwanderung über, was das Verfahren vereinfachen und beschleunigen soll. Engelhard Mazanke, Leiter des Berliner Einwanderungsamtes, erklärt, dass Einbürgerungsanträge künftig digital gestellt werden können, was eine erhebliche Erleichterung darstelle. Die Antragsteller können online prüfen, ob sie die Einbürgerungsvoraussetzungen erfüllen und ihren Antrag zu jeder Tageszeit stellen.
Mazanke räumt allerdings ein, dass die hohe Anzahl erwarteter Anträge die Bearbeitungszeiten verlängern könnte. Im vergangenen Jahr wurden in Berlin 9.000 Menschen eingebürgert, in diesem Jahr sollen es 20.000 werden. Allerdings gebe es noch 40.000 unbearbeitete Anträge aus den Vorjahren, so dass nicht alle Anträge in diesem Jahr bearbeitet werden könnten.
Empfehlungen und Ausblick
Mazanke empfiehlt den Antragstellern, den „Quick-Check“ zu nutzen und sicherzustellen, dass alle erforderlichen Unterlagen vorliegen, um Verzögerungen zu vermeiden. Die genaue Bearbeitungsdauer könne nicht vorhergesagt werden, da die Anzahl der neuen Anträge ungewiss sei. Besonders viele Anträge werden von der türkischen Gemeinde in Berlin erwartet.
Mit dem neuen Gesetz wird der Weg zur deutschen Staatsbürgerschaft für viele in Deutschland lebende Türkinnen und Türken einfacher und schneller. Es ist ein wichtiger Schritt zur Integration und Anerkennung der multikulturellen Gesellschaft in Deutschland.