Die Delfine im Bosporus, eine der bekanntesten Tierarten der Region, stehen vor großen Problemen. Laut einer Studie der Forschungsgesellschaft für Meeressäugetiere (DMAD) sind vor allem die Großen Tümmler von Nahrungsmangel betroffen. Die Tiere, die früher in großer Zahl im Bosporus gesichtet wurden, zeigen inzwischen deutliche Anzeichen von Unterernährung. Besonders alarmierend ist der Zustand einiger Tiere, bei denen die Rippen sichtbar hervortreten und die Körper eingefallen wirken.
Die Ursachen für den Nahrungsmangel sind noch nicht eindeutig geklärt. Dr. Aylin Akkaya, Gründerin von DMAD, erklärt: “Wir vermuten, dass der Fischmangel im Bosporus oder die zunehmende Unterwasserlärmbelastung die Delfine stark stressen.” Die Kombination dieser Faktoren könnte den Lebensraum der Delfine stark beeinträchtigen, so dass sie nicht mehr genügend Nahrung finden. Auch wenn die genauen Ursachen für den schlechten Zustand der Delfine noch nicht bekannt sind, ist die Situation besorgniserregend.
Sinkende Populationen
Ein weiterer besorgniserregender Faktor ist der Rückgang der Delfinpopulationen in der Region. Während früher größere Gruppen von bis zu zehn Tieren gesichtet wurden, sieht man heute oft nur noch zwei oder drei Delfine im Bosporus, so Dr. Akkaya. “Der Große Tümmler ist eigentlich ein großes und robustes Tier, aber wir sehen immer mehr unterernährte Tiere. Im Bosporus ist das besonders auffällig”, sagt sie. Obwohl diese Delfine in der Region heimisch seien, zeigen aktuelle Untersuchungen, dass ihre Bestände zurückgehen.
Hoffnung für die Zukunft?
Ein kleiner Hoffnungsschimmer bleibt jedoch: die Beobachtung von jungen Delfinen. Dr. Akkaya betont, dass es im ägäischen Teil der Türkei, vor allem rund um den Nationalpark der Halbinsel Dilek, noch gesunde Populationen gibt. “Es ist ermutigend, dass wir dort immer noch Jungtiere sehen”, sagt sie. Aber auch andere Delfinarten wie der Streifendelfin, dessen Bestände im gesamten Mittelmeerraum stark zurückgegangen sind, scheinen von diesen Bedrohungen betroffen zu sein. Vor allem im östlichen Mittelmeer wurde diese Art in den letzten Jahren kaum noch gesichtet.
Gefährdete Walarten in der Türkei
Nicht nur Delfine, sondern auch Wale sind in den türkischen Gewässern bedroht. Vor allem Pottwale, die sich in tieferen Meeresgebieten aufhalten, sowie die seltenen Schnabelwale gehören zu den gefährdeten Arten. Untersuchungen der DMAD haben ergeben, dass etwa 30 Pottwale regelmäßig in türkischen Gewässern gesichtet werden, vor allem in den Sommermonaten. Mit einer geschätzten Population von etwa 350 Tieren im gesamten Mittelmeer sind sie jedoch stark gefährdet.
“Schnabelwale sind extrem scheu und tauchen bis zu 3.000 Meter tief”, erklärt Dr. Akkaya. Früher wurden sie regelmäßig in der Region um Antalya gesichtet, doch auch diese Sichtungen sind stark zurückgegangen. Einer der Hauptgründe für den Rückgang der beiden Walarten sei der zunehmende Unterwasserlärm, vor allem durch den Schiffsverkehr.
“Es gibt Wale in der Türkei?”
Dr. Akkaya betont, dass viele Menschen in der Türkei nicht wüssten, dass auch in türkischen Gewässern Wale leben. “Wenn wir über Delfine sprechen, wissen die meisten Bescheid, aber bei Walen sind viele überrascht. Tatsächlich gibt es bei uns nicht nur kleine Gruppen, sondern auch größere Ansammlungen von Walen”, sagt sie. Die größten Bedrohungen für diese Arten seien der Verlust ihres Lebensraums, die Meeresverschmutzung sowie Lärm und Gefahren durch den Schiffsverkehr.
Die Arbeit der DMAD zeigt deutlich, dass die Meeresfauna in der Türkei vor zahlreichen Herausforderungen steht. Insbesondere Delphine und Wale, die oft als Indikatoren für ein gesundes Ökosystem angesehen werden, benötigen dringend Schutzmaßnahmen, um ihr Überleben in den türkischen Gewässern zu sichern.