Auf dem 2.150 Meter hohen Berg Nemrut in Adiyaman befindet sich das Hierotheseion (Tempelgrab und Haus der Götter), das der kommagenische König Antiochus I. (69-34 v. Chr.) als Denkmal in seinem Namen errichten ließ. Der Ort bietet etwas, das es auf der Welt nur einmal gibt: Unter knapp 200.000 Kubikmetern Felsgestein vermuten Archäologen die Grabkammer von Antiochos.
Der sagenumwobene, kommagenische Herrscher, der sich selbst zum Gott ernannte, soll einst die Mythen der alten persischen Großreiche mit dem Lebensstil der Griechen und Römer in Einklang gebracht haben – das, indem er und sein Vater angeblich einen Vertrag mit den Göttern schlossen. Seine Dynastie ging aus den Weltreichen Alexander des Großen und des Persischen Königs Dareios I. hervor.
Ein beständiges Rätsel
Der Grabhügel von Antiochus I., der nach dem Zusammenbruch von Alexanders Reich in Syrien und nördlich des Euphrat regierte, ist eines der ehrgeizigsten Bauwerke der hellenistischen Epoche. Sein komplexes Design und seine kolossalen Ausmaße führten zu einem Projekt, das in der antiken Welt seinesgleichen sucht. Einige der verwendeten Steinblöcke wiegen bis zu neun Tonnen. Für den Bau der riesigen Statuen und Orthostaten (Stelen) wurde eine hochentwickelte Technologie eingesetzt, die in dieser Zeit beispiellos war.
Durch Aufschüttung soll die Grabkammer vor mehr als 2.000 Jahren bewusst versteckt worden sein. Vielleicht nur zum Schutz vor Grabräubern, vielleicht um einen neuen Kult zu schaffen. Welche Geheimnisse auch immer der gigantische Tumulus birgt – kein Altertumsforscher oder Archäologe konnte ihnen bislang und trotz Einsatz geophysikalischer Grabungstechniken auf die Spur kommen. Dem Architekten, der hier einst am Werk war, ist mit einem verwirrenden Verschluss-System ein Geniestreich gelungen.
Osten trifft Westen
Als Hierothesion wird der Gipfel des Nimrods, der seit 1987 zum UNESCO Weltkulturerbe gehört, auch bezeichnet. Die Kombination aus Grabanlage und Heiligtum wird nicht nur von der Geröllaufschüttung charakterisiert, sondern auch von drei Terrassen. Auf der östlichen und westlichen befinden sich beeindruckende Statuen, die aus dem ersten Jahrhundert v. Chr. stammen und die Götter Apollo, Zeus, Herkules, Tyche, den Gottkönig Antiochos sowie Löwen und Adler darstellen. Säßen die Köpfe noch auf den Schultern, wären die Figuren jeweils acht bis zehn Meter hoch. So hat man die Köpfe vor die zugehörigen Rümpfe gestellt.
Die Skulpturen spiegeln die “Osten-trifft-Westen”-Überzeugung des einstigen Königreiches wider, denn während ihre Gesichtszüge eindeutig griechische Merkmale aufweisen, ist ihre Kleidung ohne Zweifel orientalisch.