Der historische Karaköy-Beyoğlu-Tunnel, die zweitälteste U-Bahn der Welt, ist seit 149 Jahren in Betrieb. Diese ikonische Linie, die das Herz Istanbuls durchquert, ist ein Zeugnis osmanischer Ingenieurskunst und ein lebendiges Erbe der Stadt. Die Geschichte des Tunnels geht auf den osmanischen Sultan Abdülaziz zurück, der das Projekt des französischen Ingenieurs Eugene Henri Gavand genehmigte.
Ein visionäres Projekt wird Realität
Der Ingenieur Gavand beobachtete die Menschenmassen, die zwischen Yüksekkaldırım und Galipdede hin und her pendelten. Er entwarf eine Seilbahn, die diese Punkte verbinden sollte, und legte seine Idee dem Sultan vor. Nach dessen Zustimmung wurde mit dem Bau begonnen und am 5. Dezember 1874 der Tunnel zunächst für den Viehtransport und am 17. Januar 1875 für den Personenverkehr in Betrieb genommen.
Technologische Fortschritte
Ursprünglich wurde der Tunnel mit Hilfe von zwei Dampfmaschinen betrieben. 1911 erfolgte die Umstellung auf ein elektrisches System, wodurch der Tunnel modernisiert wurde. Heute verbindet der Tunnel, der als erstes unterirdisches Funikularsystem der Welt gilt, unter dem Namen Karaköy und Beyoğlu die ehemaligen Stadtteile Galata und Pera auf kürzestem Weg. Zwei Wagen fahren auf einer gemeinsamen Trasse und wechseln in der Mitte die Spur.
Staatliche Übernahme und Modernisierung
Ursprünglich von einem privaten Unternehmen gebaut, wurde der Tunnel am 1. März 1939 für 175.000 Türkische Lira vom Staat erworben und der İstanbul Elektrik Tramvay ve Tünel (IETT), dem öffentlichen Nahverkehrsunternehmen der Stadt, übergeben. Während des Zweiten Weltkrieges musste der Betrieb für dreieinhalb Monate eingestellt werden, da bestimmte Materialien nicht beschafft werden konnten. 1968 wurde der Tunnel von einer französischen Firma vollständig elektrifiziert und am 2. November 1971 wieder in Betrieb genommen.
Einblick in den täglichen Betrieb
Levent Er, der seit fünf Jahren für die IETT arbeitet und seit einem Jahr als Fahrer im historischen Tunnel tätig ist, beschreibt seine Arbeit als besonderes Glück. “Wir beginnen den Tag um 6.30 Uhr, kontrollieren und warten die Züge und Gleise und sind ab 7 Uhr bereit, Passagiere zu befördern. Vor allem Touristen zeigen großes Interesse und machen viele Fotos.“
Täglich werden durchschnittlich 181 Fahrten durchgeführt und zwischen 10.000 und 12.000 Fahrgäste befördert. Die Fahrt zwischen den beiden Stationen dauert nur 90 Sekunden.
Eine andauernde Erfolgsgeschichte
Der Karaköy-Beyoğlu-Tunnel hat sich im Laufe der Jahrzehnte als unverzichtbarer Bestandteil des Istanbuler Verkehrssystems etabliert. Mit seinem reichen historischen Erbe und seiner kontinuierlichen Modernisierung ist er ein lebendiges Denkmal und Zeugnis der Stadtentwicklung Istanbuls.